E-AKTE FÜR HELGOLAND

Moderne Kommunalverwaltung mit Besonderheiten

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Dataport hat auf Helgoland die elektronische Akte (E-Akte) eingeführt. Der Prozess verlief vollständig „remote“ – also digital ohne Vor-Ort-Personal des IT-Dienstleisters. Innerhalb von nur zehn Monaten wurden fünf Fachämter auf der Insel mit der „dE-Akte“ von Dataport ausgestattet. Wie das funktioniert hat und welche besonderen Aufgaben die Kommunalverwaltung auf der einzigen deutschen Hochseeinsel meistern muss, verrät Carina Pieper (31), Büroleitende Beamtin auf Helgoland.

Was bedeutet die Einführung der E-Akte für Helgoland, und wie verlief der Prozess?

Die Einführung der E-Akte ist mit vielen Veränderungen verbunden. Zunächst einmal bedeutet es für uns als Verwaltung hybride Aktenführung, also digital und weiter klassisch mit den Papierakten. Das wird sich schrittweise ändern, wenn wir das Scannen und die digitale Signatur eingeführt haben. So bedeutet hybrid zunächst einmal Mehrarbeit, was aber normal ist bei einer derartigen technischen Umstellung. Ein Vorteil der E-Akte ist sicher die Suche nach Akten. Das hatte sich bisher nicht immer einfach gestaltet, auch weil wir viele neue Kolleg*innen in der Verwaltung haben, die bei der großen Anzahl an Akten natürlich anfangs immer lange suchen mussten. 

Insgesamt gesehen verlief der Einführungsprozess aus meiner Sicht sehr gut. Die Kickoff-Veranstaltung fand mit allen Mitarbeiter*innen gemeinsam statt, vor einem großen Smartboard. Am anderen Ende waren die Mitarbeiter*innen von Dataport, die über die gesamte Zeit des Einführungsprozesses bei Fragen und Problemen immer erreichbar waren. Die anschließenden Schulungen zur E-Akte erfolgten dann in einzelnen Teilprojekten. Diese liefen parallel und nicht wie üblich nacheinander ab, wodurch wir viel Zeit eingespart haben. Nicht remote hätte außerdem bedeutet, dass das Team von Dataport immer auf die Insel hätte kommen müssen. Für mich persönlich war es übrigens nicht die erste E-Akten-Einführung – ich habe diese Umstellung damals während meiner Zeit im Innenministerium Niedersachsen schon einmal mitgemacht. Das war sicher ein Vorteil.

Gibt es auf Helgoland besondere Insel-Aufgaben, die von den Verwaltungsaufgaben auf dem Festland abweichen?

Grundsätzlich nein. Sicher haben wir spezielle Dienste und Verfahren, die in Verbindung mit dem Hafen stehen, aber die gibt es in den Küstenorten des Festlandes ja auch. Was uns besonders macht, sind mitunter Einschränkungen durch die besondere Lage. Fällt zum Beispiel ein Taxiunternehmen aus oder benötigen wir zusätzliche Kräfte für die Feuerwehr, können wir die nicht mal eben schnell aus der Nachbargemeinde rufen. Das heißt, dass wir mehr vorbereiten und vorhalten müssen als andere Kommunen. Helgoland ist dem Kreis Pinneberg in Schleswig-Holstein unterstellt. Doch nicht alles, was dort oder grundsätzlich auf dem Festland gilt, lässt sich Eins zu Eins auf Helgoland übertragen. In manchen Fällen brauchen wir Sonderregeln.

Welche sind das zum Beispiel?

Wir haben als kleine Insel mit rund 1.400 Bürger*innen deutlich kürzere Wege als der Kreis Pinneberg. Bei der Pflege von älteren Menschen heißt das zum Beispiel, dass wir mit einem anderen Schlüssel arbeiten müssen. Das Taxiunternehmen wiederum kann nicht mit dem Tarif Pinneberg arbeiten, der auf deutlich längere Strecken ausgerichtet ist. Bei allen Aufgaben muss die Wirtschaftlichkeit passen. So ist es auch eine unserer Aufgaben, für diese Besonderheiten auf dem Festland Verständnis zu schaffen.

„Wir wollen Abläufe optimieren und Schnittstellen schaffen, um das Arbeiten effizienter und flexibler zu gestalten."

Was würden Sie sich im Kontext der digitalen Verwaltungsarbeit wünschen?

Neben der Einführung des Posteingangs-Scans und der digitalen Signatur sind die Umstellung des Haushaltsprogramms und eine KI-unterstützte Sitzungsprotokollierung weitere Projekte, die wir angehen werden. Wir wollen Abläufe optimieren und Schnittstellen schaffen, um das Arbeiten effizienter und flexibler zu gestalten. So wäre es zum Beispiel eine Verbesserung, wenn unsere Mitarbeiter*innen auch fernab vom Büro vollumfänglich arbeiten könnten. Manche Arztbesuche sind nämlich nur auf dem Festland möglich. Und die sofortige Rückkehr nach Helgoland ist nicht immer gesichert, zum Beispiel bei Sturm und Unwetter. 

Sie haben früher unter anderem als Regierungsoberinspektorin im niedersächsischen Innenministerium in Hannover gearbeitet. Warum haben sie sich beruflich für Helgoland entschieden?

Ich wollte eine neue Herausforderung und wurde auf die Stelle aufmerksam gemacht. Ich kannte Helgoland zuvor von einer Tagestour, die aber alles andere als perfekt war, da ich seekrank wurde. Überzeugt hat mich Helgoland dann aber sehr schnell, vor allem durch die Offenheit seiner Menschen. Das hatte ich zuvor so nicht erwartet. Die Insel ist sehr vielfältig mit 45 verschiedenen Nationen. 

Was sind Ihre Arbeitsschwerpunkte und was muss man mitbringen, um auf Helgoland beruflich und privat glücklich zu sein?

Meine Stelle war zuvor zehn Jahre unbesetzt. Von daher musste sich das erst einmal alles finden. Grundsätzlich ist mein Aufgabenspektrum groß – alleine deshalb, weil wir Verantwortlichkeiten vergleichbar mit einer Stadt mit 25.000 Einwohnern wahrnehmen. Das liegt darin begründet, dass wir als Insel direkt dem Kreis Pinneberg unterstellt sind, auf dem Festland wegen unserer geringen Größe hingegen einem Amt angeschlossen wären. Als Büroleitende Beamtin bin ich den Fachämtern vorgesetzt. Neben dem Personalamt bin ich außerdem für die IT-Dienste verantwortlich – beide Bereiche sind auch für unseren Eigenbetrieb, den Helgoland Tourismus-Service, zuständig. Aufgrund des längerfristigen Ausfalls eines Kollegen habe ich außerdem temporär die Stelle des Referenten für Finanzen übernommen. Ich unterstütze den Bürgermeister in einer Vielzahl an Themen, die für die Insel von besonderer Bedeutung sind. Wer hier in der Verwaltung arbeiten möchte, muss es lieben, sich breit aufzustellen. 

Als Ausgleich zum Beruf mache ich Yoga und jogge regelmäßig, gerne morgens, bevor es im Büro los geht. Außerdem schwimme ich im Meerwasserschwimmbad, unter anderem im Verein des DLRG auf Helgoland. Da die Insel sehr klein ist, gibt es kaum Rückzugsorte. Das bedeutet: Man muss damit klarkommen, immer wieder auf der Straße beruflich und privat angesprochen zu werden. Diese Offenheit muss man hier mitbringen, das macht aber auch den Charme und das Besondere Helgolands aus. 

Carina Pieper

wurde in Wallenhorst bei Osnabrück geboren. Nach einer Ausbildung zur Verwaltungswirtin studierte sie Public Management an der kommunalen Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen (schloss als Jahrgangsbeste im Studiengang ab) sowie im Anschluss Arbeitswissenschaft an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover. Bis 2023 war sie Regierungsoberinspektorin im Niedersächsischen Innenministerium, ehe sie im Mai vor zwei Jahren die Stelle als Büroleitende Beamtin bei der Gemeinde Helgoland antrat.